Klassiker: Wir Kinder vom Bahnhof Zoo von Christiane F.

Buch: Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Eine Kindheit zwischen Heroin und Kinderstrich
4.5
(2)

Mitte/Ende der siebziger Jahre im noch geteilten Berlin flieht die erst zwölfjährige Christiane F. aus der Tristesse des Gettos der Gropiusstadt.

Hier in den Betonschluchten endloser Hochhäuser hält sie nichts mehr.

Im "Sound", damals eine der angesagtesten Diskos Europas trifft sie sich mit ihrer Clique - und kommt an die ersten Drogenerfahrungen.

Dann geht es relativ schnell.

Teufelszeug Heroin.

Abhängigkeit - jeder aus der Clique drückt und tut alles für den nächsten Schuss.

Christianes Mutter und ihre jüngere Schwester stehen macht- und fassungslos daneben.

Diebstahl, Betrug, Anschaffen auf dem Babystrich - jedes Mittel wird genommen, um an das nächste Geld zu gelangen.

Ein Sommerferienbesuch bei ihren Großeltern in der westdeutschen Provinz hilft nur kurz, Christiane hat sich eine Gelbsucht eingefangen, liegt wochenlang im Krankenhaus und trotz des Entzuges kommt sie wieder mit ihrer Clique in den Teufelskreis.

Auch ein kalter Entzug mit ihrem Freund Detlef bringt nur kurze Linderung, in letzter gemeinsamer Schuss zum Abgewöhnen mit ihren "Freunden" geht natürlich auch wieder nach hinten los. 

Drogen sind der einzige Lebensinhalt.

Erst der Tod ihrer besten Freundin Babette, genannt Babsi, ein Mädchen aus dem piekfeinen Dahlem, erzwingt den heilsamen Schock.

Christiane F. schafft es auszusteigen - und ihre Geschichte aufzuschreiben.

"Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" - ein Klassiker der deutschen Jugendliteratur.

Schonungslos, brutal, auch nach über vierzig Jahren unbedingt lesenswert als stete Warnung vor Drogen aller Art.

Die Sprache des Buches ist ebenso brutal, nach heutigen Maßstäben auch unaussprechlich, ist doch fortlaufend davon die Rede, wie abartig es sei "mit Kanaken" zu vögeln.

"Kanaken einen runterholen - okay. Aber ficken ist echt das Letzte"!

Solche Aussagen, oder auch das als Bestrafung jeder Penner, jeder "Kanake" zwei Tage lang über ungehorsame Mädchen "rüber dürfen" sind gewöhnungsbedürftig.

Doch so ist es wohl damals gewesen.

Anfang der 80er Jahre wurde das Buch erfolgreich verfilmt, mir ist eine Szene in Erinnerung geblieben, wie ein Fixer auf einer öffentlichen Toilette Christiane die Spritze aus der Hand raubt und sie sich vor den Augen einer fassungslosen älteren Frau in den Hals bohrt. Gruselig.

Anfang dieses Jahres hat sich "Amazon" des Themas mit einer Neuverfilmung angenommen.

In den acht Teilen der Serie, jeder etwa 50 Minuten lang, wird den einzelnen Mitgliedern der Clique mehr Raum gegeben.

Eine sehr gut produzierte Serie, mit talentierten jungen Schauspielern, die allerdings irgendwie meistens aussehen wie aus dem H&M Katalog entsprungen.

Die Mädchen werden eher so gezeichnet, als ob sie eine Wahl hätten.

Das steigert nicht die Glaubwürdigkeit.

Doch zurück zum Buch: es gibt etwa 20 Seiten schwarz-weiß Fotos, Bilder der Clique sowie das Umfeld, auf das man sich einlässt, wenn man sich in Abhängigkeit begibt.

Und auch wenn diese Fotos über vierzig Jahre alt sind, erschrecken sie immer noch zutiefst.

Vera Christiane Felscherinow lebt weiterhin von den Verkäufen ihres Buches, sie ist gesundheitlich stark angeschlagen und tritt in der Öffentlichkeit kaum noch auf.

Sie hat ihre Sucht ihr Leben lang zu bekämpfen.

 

Mein Fazit
„Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ von Christiane Felscherinow ist ein zeitloser Klassiker mit ganz klarer Botschaft: FINGER WEG VON DROGEN!

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